Veränderungen

Es gab viele graue und anstrengende Tage in den letzten Wochen. Nach einer Lungeinfektion ist vor 10 Tagen meine Mutter im Pflegeheim gestorben. Sie war bedingt durch ihre Krankheit schon sehr schwach geworden, wog fast nichts mehr, schlief fast nur noch, konnte nicht mehr sprechen, nicht mehr laufen, kaum noch einen Menschen fokussieren. Die letzten Wochen waren mit all den Dingen angefüllt, die zwischen einem Tod und einer Beisetzung anstehen. Zum Glück konnte ich bei der Arbeit ein große Stück zurücktreten und mir auch Zeit dafür nehmen, alte Bilder durchzublättern und mich an den Menschen erinnern, der meine Mutter vor ihrer Krankheit war.

Gestern war nun die Beisetzung. Ich habe die Trauerrede selbst gehalten, mein Bruder dazu musiziert, mein Mann ein Gedicht vorgelesen, als die Urne beigesetzt wurde. Es war sehr stimmig für mich, eine kleine Trauergemeinde war gekommen von Familie, alten Bekannten meiner Mutter und Freunden von mir, mit denen wir danach noch Kaffee getrunken und Kuchen gegessen haben.

Es klingt vielleicht merkwürdig, aber fast gleich nach ihrem Tod hat sich meine Mutter von dem armen, pflegebedürftigen Geschöpf wieder in die resolute, schöne und intelligente Frau verwandelt, die sie vorher war.

Ich bin traurig, ja, und doch auch erleichtert, dass die finale Phase ihrer Krankheit nicht länger gedauert hat. Zwei Tage vor ihrem Tod - ich war jeden Tag da, als es in die kritische Phase ging - hat sie mich zum ersten Mal seit langer Zeit kurz richtig angesehen und mir langsam zugeblinzelt. Ich glaube, das war ihr Abschied.