25 Januar 2015

Eiszeit

Na ja, so eisig ist es nicht; bisher hat uns der Winter ja mit allzuviel Schnee und Frost verschont. Dennoch fühle ich mich halb im Winterschlaf, seit die Arbeitsbelastung jahreszeitbedingt Mitte Dezember gesunken ist. Ich schlafe länger und besser, ich lese, ich denke viel nach, trinke zu viel Wein.

Das letzte Jahr, vor allem das zweite Halbjahr, war anstrengend, hat einiges in meinem Leben auf die Probe gestellt - Geld, Vertrauen, Beruf, Gesundheit meiner Mutter. Bis darauf, dass meine Mutter natürlich nicht immer fitter wird mit schwerer Demenz und 81 Jahren, haben sich die meisten meiner Probleme aus der Zeit wieder geregelt. Ich bin auch zurzeit ziemlich froh darüber, dass es beruflich ganz gut läuft, dass ich mich dabei kompetent fühle und wertgeschätzt werde.

Was mich überrascht - die Tatsache, hier im Umkreis nicht mehr anonym zu sein, von vielen erkannt zu werden, oft gegrüßt und angesprochen, vermittelt mir weniger ein Gefühl der Überwachung als eher der Geborgenheit.

Einzige Ausnahme - mein bester Freund aus Studententagen, den ich neulich traf und der so tat, als würde er mich nicht sehen oder erkennen. Es ist zu viel Zeit vergangen, dass es schmerzt; aber ich merke, dass ich mich wohl mehr verändert habe als andere seit dem Alter, denn ich kann beim besten Willen keine solche Bitterkeit mehr herbeibeschwören, wie sie in ihm wohl herrschen muss. Ich merke, wie ich inzwischen nach dieser und anderen Freundschaften empfindlich geworden bin, wenn ich die Brüche im Inneren der Menschen spüre, an denen ich mich schneiden kann. Wie ich dann lieber einen Schritt zurückweiche.

Was mich allgemein etwas irritiert - spirituell ist es in mir oft leer, und ich weiß gar nicht, ob ich diese Leere wieder füllen kann und will. Wenn ich zu lange in mich horche, ist da ein leiser melancholischer Grundton wie von Heimweh oder Liebeskummer, der aber nicht weh tut.





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