28 Februar 2008

Teenagerleben

Habe bei Lisa Neun gerade einen alten Eintrag angeschaut, bei dem es darum ging, nach langen Jahren in alten Teenager- Tagebüchern zu lesen. Was hat man vor 20, 30, 40 Jahren gemacht, gedacht?

Ich schreibe seit der Grundschule Tagebuch, über Kindheit und Jugend hinweg sehr stetig, danach unregelmäßig; zurzeit ist es wenig, weil ich doch vieles Private in Emails, hier im Blog, in Foren und sonst wo schreibe und nur noch selten Dinge dem Tagebuch anvertraue. Vielleicht hat man mit Mitte dreißig auch nicht mehr so viele Geheimnisse.

Das Alter von 16 bis 20 ist mir noch recht präsent, also schaue ich in ein Tagebuch von 1988, als ich 14 war. Damals vor 20 Jahren...

Erste Überraschung – meine Sprache - ich hatte mich in dem Alter grade von ein paar melodramatischen Wendungen wie „Oh, wehe mir!“ gelöst - klingt fast genau wie heute. Und wie nah alles ist, so vertraut, nicht fremd, das bin immer noch ich, irgendwo in mir drin lebt dieses dicke sensible Mädchen noch. Und ich bin so ehrlich! So verdammt ehrlich, bohre in Wunden und schreibe Dinge auf, die mir weh taten.

Und mir tat viel weh in dem Alter, damals im Februar und März 1988. Ich war 14, wog trotz zwei Wochen entsetzlicher Skifreizeit mit viel Bewegung, Demütigung und kaum verdaubaren Essen immer noch über 90 Kilo. Wenige Wochen später würde ich in eine Abnehmklinik fahren und nicht viel später ein dünneres und dümmeres Mädchen sein.

Aber hier schreibe ich noch offen, wie ich meine hoffnungslose Schwärmerei zu [...] grade überwinde und mir, völlig bewusst, dass ich großes dickes Wesen absolut chancenlos beim anderen Geschlecht bin, andere Jungs ansehe. „Ein Forscher muss forschen“, schrieb ich altklug. Zum Beispiel den netten Jungen von der Realschule, der in meiner Skigruppe war, den musste ich erforschen.

Diesen Jungen habe ich übrigens erst ein paar Jahre später wieder gesehen, als er auf meine Schule wechselte, noch ein oder zwei Jahre, bis ich ihn richtig wahrnahm - und ich lebe nun schon sechzehn Jahren mit ihm zusammen ;-). Diese erste zarte Schwärmerei für ihn hatte ich lange völlig vergessen und erst vor ein paar Jahren wiederentdeckt.

Ich bemühte mich damals auch, den Klassenfußabtreter, mit dem ich schon lange im Zwist lag, etwas menschlicher zu behandeln, obwohl er „so oft nervig und/oder ecklig (sic)“ war. Ich fühlte mich dabei recht edel, schämte mich aber, als mir eine Freundin anschaulich beschrieb, wie er im Schwimmbad mit verdrehten Augen umkippte - und ich darüber lachen musste.

Ich fange an, eine Freundin zu hassen, „ich fühle mich wie ihr Haustier, das sie nach Belieben prügelt oder streichelt. Sie kann es nicht ausstehen, wenn ich ihr überlegen bin. Ja, als ich in Sport ne 3 hatte und sie ne 4, hat sie überall rumerzählt, der [Sportlehrer] hätte unserer Namen verwechselt. In Wirklichkeit hatte ich ganz gut mitgemacht und sie gar nicht...“

Generell war das Leben mit 14 nicht so prickelnd. „Ich habe Angst... Angst vor’m Schwimmen*, Angst vor den Arbeiten, Angst, dass jemand über mich lästert...“ Und da war Zorn. „Schrecklicher Zorn. In letzter Zeit habe ich mich über manche Menschen so geärgert, dass ich ihnen am liebsten an die Kehle gesprungen wäre.“

[*Nicht wegen dem Wasser, sondern wegen der Kombination: 14 Jahre alt + 20 Kilo Übergewicht + Badeanzug +Unsportlichkeit]

Als ob das nicht reicht – „außerdem hadere ich mit meinem Glauben. [...] Doch weder an die Göttin, die mir seelisch näher steht, noch an Gott, an den ich vielleicht glauben sollte, kann ich glauben.“

Bin ich froh, inzwischen älter zu sein.

Aber ich sehe schon, ich muss dringend mal wieder einen Rotwein-und-alte-Tagebücher-Tempotaschentücher-Tag machen.

Und ihr, was habt ihr damals geschrieben?

Wer mag, kann dies als Stöckchen mitnehmen...

6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ich hab letztens beim aufräumen alte Tagebücher von mir entdeckt und bin auch glatt hängengeblieben um zu lesen.
Bei manchen Sachen mußte ich schwer lachen bei anderen packte mich das Grauen!
Hab dann echt überlegt ob ich die Tagebücher dem Feuer zum geschenk machen sollte, es stehen echt ganz schlimme Sachen darin mit denen ich mich absolut nicht mehr identifizieren kann.
Naja, ich hab sie dann aber erstmal wieder weggepackt und nicht mehr dran gedacht, bis jetzt.
Mal schauen ob ich da auch mal was in meinem Blog zu schreibe...ich denke aber eher nicht ;o)

Lieben gruß,
Nenya

Anonym hat gesagt…

Ich war und bin ein schlampiger Tagebuchschreiber, wie ich überhaupt zu einer gewissen Schlampigkeit neige - die sich mit zunehmendem Alter aber gegeben hat - und außerdem habe ich viele der Kladden und Kolleg-Blöcke, in denen ich Tagebuch schrieb, verschlampt. Deshalb kann ich leider nicht sagen, was ich vor genau 20 oder 25 Jahren schrieb.
Ich kann auch nicht sagen, was ich mit 14 schrieb, denn mit 14 führte ich noch kein Tagebuch (die wenigsten Jungs in dem Alter machen so etwas) - erst mit 16 war ich dafür "reif".
Aber nun zur Sache: In meinen Tagebüchern aus Teenagertagen fällt mir zunächst die grausame Rechtschreibung und die flotte Handschrift auf. Wie Du bin ich darüber erstaunt, wie wenig sich mein Stil veändert hat.
Womit beschäftigte ich mich damals? Ständiges Thema: Meine Unzufriedenheit mit meinen Eltern. Ich war zu "brav" zur offenen Rebellion (und verstand mich trotz allem dafür wohl noch zu gut mit ihnen), aber nicht "brav" genug, mir alles gefallen zu lasen. Ein anderes Dauerthema waren "philosophische" Betrachtungen, die mir heute zwar naiv erscheinen, aber von der Fragestellung keineswegs "dumm" sind. Zur Religion und Spritualität fällt mir auf, dass ich mich damals wohl mit Gewalt zum Materialisten erziehen wollte - nur eine materialistische, neopositivistische Weltsicht, die jeder Metaphysik entsagte, erschien mir damals vernünftig zu sein. Das Problem waren meine sprirituellen Erlebisse, die ich darin schlecht "eingebaut" bekam - es sei denn, ich deutete sie als reine Sinnestäuschungen.
Erstaunlich wenig über Politik - obwohl ich gerne politisierte. Sehr viele Pläne, die ich dann doch nicht umsetzte. Und ein paar unsäglich schlechte Gedichte - nebst ein paar erstaunlich guten Kurzgeschichten.

Bodecea hat gesagt…

Danke für eure Antworten!

@Nenya - mach es nicht, irgendwann wird es sicher spannend. Komisch, peinlich in dem Sinne ist mir wenig, befremdlich höchstens ein paar 80er-Jahre-Teenager-Ausdrücke (Boy, Fete, voll geil, Quietschi).

@Martin - meine Gedichte sind erstaunlich gut mit 13-17, dafür die Kurzgeschichten mau, hat sich inzwischen gedreht ;-). Und, ich möchte es nicht verhehlen, bei mir ging es ganz viel um Jungs, Jungs, Jungs (dabei war ich eine Brave, weder frühreif noch wahllos). Aber ich war ja immer sooooooo verliebt!

*g*
Bodecea

Anonym hat gesagt…

*lol* meine Einträge drehen sich auch nur um Jungs oder Musik.
Und Stresss mit meinen Eltern ansonsten steht da nix bewegendes drin.
Geil war und ist übrigens bei mir ein beliebtes Wort, hihi.

Lieben Gruß,
Nenya

Anonym hat gesagt…

Ja, das ist merkwürdig: die Themen "Liebe" und "Sex" finden in meinen Teenager-Tagebüchern offensichtlich nicht statt. Auch wenn sie mich sehr wohl beschäftigten.

Anonym hat gesagt…

mit 14 um diese Zeit? Das war 82 und ich kotz mich im Tagebuch dieser Zeit fast jeden Tag darüber aus, wie Scheiße es in diesem Internat ist, in dem ich da war und wie langweilig einfach alles ist, während ich versuche, nicht nochmal wegen Latein sitzen zu bleiben. Mädels sind auch interessant, aber außerhalb jeglicher Reichweite (ich war da sehr sehr schüchtern... ;-))