16 Februar 2008

Ausbildung zur Hexe

Angeregt durch Nephtis Schreiben zum Thema "durch die Esoszene in dubiose Kreise geraten" fiel mir ein, dass ich ja mal Anno, öh, 2003 oder 2004 etwas über das Thema "Tipps für Anfängerhexen" geschrieben habe.

Kommt mir inzwischen reichlich anachronistisch vor, ich stelle es trotzdem mal rein, nicht zuletzt, weil ich beim googeln gesehen habe, dass es im Netz öfter mal aufgegriffen wurde.

*Durchles*

Damals war ich ja noch richtig auf dem "Ich bin eine Hexe"-Trip, heute würde ich solche Schubladen als zu eng empfinden, und ich weiß auch ein bisschen mehr und rede hoffentlich nicht mehr so salbungsvoll daher, aber egal.

Und ich glaube auch, seit der Jahrtausendwende hat sich etwas geändert, und die Oberhexendichte und Hexenausbilderinnenszene hat sich Göttin sei Dank sehr reduziert. Oder nehme ich die nur nicht mehr wahr, weil ich mich in anderen Kreisen bewege?

Die Ausbildung zur Hexe...

Die schlechte Nachricht vorweg – wie in so vielen Betrieben und Firmen der BRD hängt auch hier das Schild – Wir bilden nicht aus!

Wieso nicht?

Erst einmal habe ich für meinen Geschmack viel zu wenig Ahnung. Ich bin zwar jetzt schon seit Sommer 2000 "dabei" und habe mich schon von früherer Jugend an mit Kultplätzen, Kräutern und Tarot beschäftigt, aber als berufstätiger Mensch mit Familie, Freunden und Hobbies hat man auch einfach nicht die Muße, Stunde um Stunde mit Lernen oder gar Lehren zu verbringen.

Was nicht heißt, dass ich nicht gern mal eine Frage beantworte – wenn ich kann. Was mich aber trotzdem immer wieder wütend macht, wenn ich ein bisschen im Netz herumsurfe, sind die ganzen selbst ernannten Lehrerinnen und Lehrer, die alles zu wissen scheinen und ganz gierig darauf sind, Leute auszubilden. Sei’s nun die Hexenreligion (oder Wicca) selbst oder andere, zum Teil an Fantasy-Bücher oder Grusel-Serien gemahnende Fantasiesekten (um das mal so zu nennen) – überall wimmelt es von liebevollen, herrischen, strengen, vernünftigen, besitzergreifenden, fürsorglichen, auf jeden Fall allwissenden Oberlehrern.

Deswegen möchte ich doch ein paar Sachen zur "Ausbildung" sagen, obwohl mir dieses Wort nicht gefällt. Die Hexenreligion ist ein Glauben, eine Weltanschauung und kein Zauberkasten, aus dem sich mal schnell ein Liebesamulett oder ein böser Fluch fischen lässt. Natürlich spielt das Wissen um Dinge wie Symbole, Heilkräuter, heidnische Mythen und Zauber eine wichtige Rolle .

Aber zu glauben, man ist Hexe, wenn man den richtigen Zauberspruch aufsagt ist ebenso hanebüchen wie zu glauben, Christ ist man, wenn man das Vaterunser aufsagen kann. Oder kennt ihr den 4-Wochen-Kurs zum gläubigen Christen? Also.

Und dennoch tummeln sich alleine im Internet hunderte von selbst ernannten weisen Frauen, Oberhexen und Super-Wicca, die alles, aber auch alles wissen und jeden gerne ausbilden möchten. Fragt euch mal, warum diese Leute nichts Besseres zu tun haben!

Andererseits ist es menschlich und auch sinnvoll, sich mit anderen auszutauschen, und da ja nun nicht in jedem Vorort ein bekannter und seriöser Hexenzirkel um Mitglieder wirbt, ist das Internet oft das einzige Medium, Leute persönlich kennenzulernen. Auch ich habe ganz liebe Menschen über das Internet kennen gelernt, von denen ich auch im Bereich Hexerei viel erfahren konnte.

7 Tipps für die weitere Suche...

Ich möchte nur allen, die sich auf die Suche nach Wissen begeben, ein paar Tipps geben:

1. Keine(r) weiß alles.
Allwissende Oberhexen, die auch noch darauf pochen, dass ihre Art, ein Ritual zu machen, einen Zauber zu wirken etc. das einzig Wahre ist, die am liebsten auch noch wollen, dass man sich nur mit ihnen und ihrer Richtung austauscht und ja nicht mit andern, sind sicher alles mögliche, aber keine guten Lehrerinnen. Niemand weiß alles, und wenn er oder sie schon 50 Jahre Hexe ist. Und ein weiser Mensch sollte so was auch zugeben können. Außerdem gibt es bei den Hexen nun mal kein verbindliches Dogma, wie man an etwas glauben muss...

2. Fakes und Blender.
Jeder kann sich im Internet eine Seite machen, irgend was von anderen Seiten und aus Büchern kopieren, ein Gästebuch und ein Forum dran kleben und sich weise Hexe nennen. Das da auch nur ein Hauch Wissen hintersteckt gilt es zu beweisen... also seid misstrauisch. Wenn auch bei längerem Kontakt jedes Zeichen des privaten Lebens und jede Möglichkeit eines wirklichen Treffens beiseite geschoben wird, obwohl sich diese Menschen als Ausbilder gebären, ist Vorsicht geboten.

3. Gefährliche Spinner gibt es auch.
Passt auf, wenn auf einmal das Heidentum voller völkischer Germanen ist oder von Opfern und Schadenszaubern die Rede ist. Nicht alle Spinner sind harmlos. Dass man nicht jedem X-Beliebigen seinen wirklichen Namen und seine Anschrift verrät, sollte im Internet immer selbstverständlich sein.

4. Licht-und-Liebe-Eso-Hexis
Diese sind sicher nicht gefährlich. Aber spirituell bringen sie eine leider kein Stück weiter (finde ich, die allwissende Oberhexe Bodecea ;-)). Ich meine, es ist ja ganz niedlich, kuschel-kuschel-Rituale zu machen, Duftkerzlein anzuzünden und viele animierte niedliche gifs auf seine Seite zu stellen... aber das hat nichts mit der Göttin zu tun oder der Hexenreligion, wie ich sie verstehe.
Die Göttin ist keine niedliche Fairy-Hexi mit Sternchenzauberstab.... sie ist die jungfräuliche Jägerin, sie ist die heißblütige Geliebte, sie ist die Sau, die ihre Jungen frisst, sie ist das Leben und der Tod, voller Liebe, grausam und gewaltig, sie ist Sex und Schmerz und Ekstase...

5. Eigenstudium
Meines Erachtens führt da kein Weg dran vorbei. Holt euch Bücher über Hexerei. Ja, ich weiß, man kann keine Glauben aus Büchern ziehen, aber man kann immerhin genug lernen, um selbst weiterzumachen und die schlimmsten Blender zu entlarven.
Ein paar Bücher über Magie generell können nicht schaden. Mit der einen oder anderen Orakeltechnik sollte man sich auch auskennen. Über Hexen – historisch und als Hexenreligion – gibt es viele Bücher, in die man hineinsehen sollte. Ja, ich weiß auch, manche halten vom Bücherstudium wenig, aber ich meine, es ist unabdingbar, wenn man nicht zufällig das Glück einer erfahrenen Hexe an seiner Seite hat.

6. Seid keine virtuellen Hexen.
Ich habe das Gefühl, viele , die sich Hexen nennen und im WWW umtreiben, haben noch niemals ein richtiges Ritual gemacht, schon gar nicht draußen. Da ist es ja auch viel zu kalt. Sie kopieren halbe Kräuterbücher auf ihre Seiten und haben noch nie auf einer Wiese Sauerampfer gefunden. Da ist es ja auch viel zu nass. Sie reden viel von der Natur, aber gehen nicht aus dem Haus. Ist ja auch anstrengend. Sie rufen altägyptische Gottheiten an und wissen nichts über die Sagen in ihrem eigenen Ort. Deshalb mein Rat - fangt klein an, fangt im Alltag an. Bücher und Texte schön und gut – aber die Göttin lässt sich im ersten Frühlingsgrün im Birkenhain leichter finden als im Internet.

7. Bleibt offen.
Ich finde es schade, wenn sich nach 3 Tagen Hexe-Sein ein ehemaliger Christ zum Christenhasser verwandelt. Keiner mag Fanatiker – ob es nun heidnische oder christliche oder sonstige sind. Seht euch andere Religionen an. Lest in der Bibel. Beschäftigt euch mit jüdische Mystik. Guckt euch mal an, was Hermetiker so treiben. Schaut in Werke von sogenannten Satanisten (oder hört Heavy Metall, höhöhö). Versucht mitzukriegen, was in der Welt so vor sich geht. Bleibt offen für alles Wissen, statt euch in einer intellektuellen Enklave namens "Hexerei" einzurichten, zurechtzukuscheln und wohlzufühlen.

Ja, die Hexenreligion ist mein spirituelles Zuhause – aber muss man ununterbrochen in der Bude hocken?

Alles Liebe und viel Glück bei eurer Suche!
Bodecea 2003 (oder so)

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Muahaha, also salbungsvoll -lach- da hab ich aber schon schlimmeres zustande gebracht :)

Trotzdem, der Text an sich ist faktisch ja nicht falsch. Das sind Beobachtungen, die jeder macht, der sich mal mit offenen Augen durch diese Kreise bewegt. Und abgesehen von der Tatsache, dass auch Hexen nur Menschen sind, fand ich alle Oberpriesterinnen und Oberpriester, die ich bis jetzt kennengelernt habe, irgendwie merkwürdig. Ob die nun volltrunken Rituale gemacht haben oder Menschen Ratschläge geben wollten, ohne in ihrem eigenen Leben einen Hauch von Durchblick zu haben- da war echt alles dabei.

Die Frage, "warum die nix besseres zu tun haben" find ich in dem Zusammenhang ganz, ganz wichtig...

Anonym hat gesagt…

*ggg* die allwissenden Oberhexen habe ich auch kennengelernt und mich auch bald wieder verabschiedet. Ein Dogma gegen das andere austauschen wollte ich nicht...

Liebe Grüße
Selket

Anonym hat gesagt…

liebe Bodeca

sehr gut!
mir gefallen vorallem die punkte über die natur (ihhh eine nasse wiese) und über kuschelkuschelrituale...

liebs Grüesssli

Nepthis