14 Februar 2008

Lebenswege


Vielleicht ist das Leben doch wie ein Spaziergang. Vielleicht ist es gar nicht so tief und schwer, anstrengend und ernsthaft, wie man uns glauben machen möchte. Vielleicht sind Ziele gar nicht so wichtig.

Wenn ich spazieren gehe, geht es eigentlich nie um die Notwendigkeit, irgendwo anzukommen. Manchmal ist es die Lust darauf, ein besonders hübsches Stückchen Landschaft neu zu entdecken oder wiederzusehen, gut. Manchmal geht man spazieren, weil es sich dabei so gut plaudern lässt. Manchmal denkt man daran, wie gut es Geist und Körper tun würde, sich jetzt in der Natur zu bewegen.

Aber letztendlich ist es einfach die Freude am Laufen, am Schauen, am Fühlen, am kräftigen Durchatmen, am Sein. Welche Wege ich gehen will, kann ich mir aussuchen, zumindest innerhalb der Auswahl dessen, was mir hier im Umkreis zugänglich ist. Ich kann nicht ohne weiteres in der Wüste laufen, im Dschungel, im Hochgebirge – aber ich spüre auch kein Verlangen danach. Ich mag die kleinen Wanderungen hier im Wald, über Wiesen und Felder, wo so viele Eindrücke auf fast schon pittoreske Weise in wenige Kilometer zusammengefasst werden. So wichtig ist es mir nicht, welchen dieser Wege ich laufe.

Sportlicher Ehrgeiz liegt mir fern, trotzdem freue ich mich, wenn ich merke, dass ich nach einer längeren Pause wieder ausdauernder werde, weitere Kreise ziehen kann. Oft laufe ich im Kreis. Na und?

Beim Spazierengehen sind die meisten Menschen, die ich treffen, entspannt und freundlich. Anders als die, die mit verzerrtem Gesicht in Stadien gegen die Kilometer und die Zeit anlaufen oder die, die in Städten hektisch einem Ziel entgegenhasten, ein Handy am Ohr, oder gar solche, die schwitzend mit starrem Blick auf einem Laufband auf der Stelle rennen.

Auch auf den frei gewählten Wegen meiner Spaziergänge können unerwartete Hindernisse und Probleme auftauchen, natürlich. Manchmal sind Wege überraschend gesperrt oder unpassierbar. Manchmal zweige ich falsch ab, verirre mich. Abkürzungen können, das habe ich inzwischen gelernt, große Umwege sein. Nicht immer – aber oft - habe ich eine Karte, die mir zeigt, wie es weitergeht, oder einem Kompass. Manchmal habe ich die Wasserflasche vergessen oder den Regenschutz. Ich gehe schließlich nur spazieren. Aber nicht gedankenlos und ohne jede Vorbereitung.

Manchmal, besonders dann, wenn ich einen Weg gut kenne und unachtsam bin, strauchele ich. Neue Schuhe drücken, Hüften schmerzen, Migräne verzerrt die Sicht, und manchmal liege ich nach einem Sturz mit schmerzendem Knöchel im einsamen Wald und zweifele kurz – wie komme ich nun weiter, wie nach Hause?

Trotzdem habe ich vor Irrwegen, Unfällen und Umwegen keine Angst. Ich bin sicher und geborgen, vertraue auf meine Kraft. Ich wünschte, ich könnte mein Leben immer mit ähnlicher freundlicher Nachsicht betrachten, meine Lebenswege immer so lustvoll und gelassen gehen wie meine Wanderwege!

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Das Leben ist ein Spaziergang und der Weg ist das Ziel.
Vielleicht sollte jeder einfach nur mehr draussen spazieren gehen, um das auch im Innern zu haben.
"Eigentlich" scheint das ganz einfach zu sein, oder?

LG Endlosfaden