17 Dezember 2007

Bollywood

Ich bin ja nicht übermäßig naiv. Und dass es auch heute Frauen in einem armen und männerdominierten Land wie Indien nicht so toll haben, auch wenn schmerzhaft-zuckrige Bollywoodstreifen und verklärte esoterische Blicke auf ein Land voller Göttinnen und Computerexpertinnen etwas anderes verheißen, wo schon früh Frauen hohe politische Posten belegten – irgendwie klar.

Aber gerade habe ich doch recht entsetzt in der September/Oktober-Ausgabe der Emma gelesen, wie schlimm es wirklich (noch) steht. Hab dann noch etwas herum gegoogelt, was diese Beschreibung prinzipiell bestätigt.

70% der Frauen in Indien sind laut Emma-Artikel unterernährt und/oder anämisch (weil die Frauen zuletzt was kriegen beim Essen – wenn noch was da ist), nur ein Drittel kann lesen und schreiben, und in manchen Gebieten kommen auf 1000 Männer nur um die 750 Frauen – weil die pränatale Diagnostik heute es ermöglicht, die unerwünschten Mädchen gleich von vornherein abzutreiben. Oder aber, man erwürgt sie, ganz altmodisch, nach der Geburt.

Grund ist, neben einer allgemeinen religiösen Geringschätzung der Frau, die immer noch übliche Mitgiftspraxis, die eine Familie mit mehreren Töchtern schnell in den Ruin treibt. Oft fordert die Familie, in die eine Frau hineinheiratet, nach der Hochzeit noch „Nachzahlungen“; werde die nicht geleistet, haben diese Frauen dann oft „Unfälle“. Es wird geschätzt, dass ca. 5000 Frauen jedes Jahr wegen der Mitgift umgebracht werden.

Dabei hat Indien offenbar eine sehr rege Frauenrechtsbewegung, die auch schon einige Erfolge verzeichnen konnte, zum Beispiel durch Kleindarlehen, die Frauen auf dem Land etwas Geld gibt, um sich davon z.B. durch den Kauf eiern Nähmaschine selbstständig zu machen.

Mehr dazu unter:

Frauennews

3Sat

Bundeszentrale für politische Bildung


Nachtrag: Noch ein Link von Daniela, die hier einen Kommentar verfasste (konnte ihn im Kommentar nicht anklicken).

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Schön, dass man sich weiterhin mit dem Theme befasst. Viel zu oft werden viel zu oberflächliche Sachen über Indien in den deutschen Medien geschrieben.

Im nordindischen Bundesstaat Haryana, ganz in der Nähe von Gurgaon, gibt es ein Dorf, in dem nur 438 Frauen pro 1.000 Männer leben. Stand kürzlich in der indischen Tageszeitung Hindustan Times.
http://hindustantimes.com/StoryPage/StoryPage.aspx?id=50e2edc5-4568-4309-a90f-03faca8f85cf

Anonym hat gesagt…

Habe neulich auch in einer Zeitung einen Bericht über das Thema gelesen. Der Artikel befasste sich mit der Arbeit einer mutigen Frau, die dort Aufklärungsarbeit betreibt (und deswegen permanent auch massiv gefährdet ist). Sie klärt die schwangeren Frauen und ihre Männer auf, wie wertvoll es ist, auch Töchter zu haben. Sie besucht die Familien immer wieder und versucht sie zu überzeugen, ihre Töchter nicht zu töten. Häufig würden die Mädchen dort bald nach der Geburt mit dem Extrakt giftiger Pflanzen umgebracht. Schrecklich!!!

Anonym hat gesagt…

Ach so, "anonym", das war ich
Moen

Anonym hat gesagt…

Jou, aber immerhin gibt es entsprechende §§, die gezielt eine Ermittlung gegen Ehemänner und Schwiegereltern in Gang setzen, wenn die Ehefrau innerhalb der ersten 7 Jahre auf komische Art und Weise ums Leben kommt.
Keine Ahnung, wie oft das zum Einsatz kommt, aber es gibt auch tatsächlich entsprechende höchstgerichtliche Urteile.
LG
Selket