Eine Freundin von mir hat mich gefragt, was ich eigentlich über das „Law of Attraction“ denke. Kurz zusammengefasst geht es dabei darum, dass die Welt ein Abbild dessen ist, was ich denke, dass meine Gedanken, Gefühle und (unbewussten) Wünsche gute und schlechte Dinge um mich herum erschaffen bzw. anziehen.
Ich bin in der Beziehung sehr ambivalent.
Einerseits – klar gibt es das. Man nehme die klassische selbsterfüllende Prophezeiung. Wenn ich zermürbt und geknickt und depressiv in ein Bewerbungsgespräch gehe, mit dem deutlichen Motto „Das kann ich eh nicht!“ auf der Stirn, dann stehen die Chancen auch schlecht für mich. Erwarte ich prinzipiell nur Bösartigkeit von meinen Mitmenschen, werde ich irgendwann etwas ausstrahlen, was sie dazu bringt, mich eben so zu behandeln.
Auch auf der magischen Ebene gibt es in meinen Augen durchaus diese Gesetze. Wenn ich mich glücklich, reich und in einem innigen Austausch mit der Welt, dem Universum und dem ganzen Rest fühle, dann bekomme ich auch viele schöne Erlebnisse, Erfahrungen und Geschenke.
Andererseits - das Leben ist nicht immer schön. Manchmal wünscht und wünscht und wünscht man sich etwas – der geliebte Vater möge den Herzinfarkt überleben, die wichtige Freundschaft möge nicht in die Brüche gehen, das attraktive Jobangebot möge man erhalten; man visualisiert Erfolg, betet, wünscht und bestellt beim Universum – und es klappt trotzdem nicht. Schlaue Leute klopfen einem auf die Schulter – wer weiß, für was es gut sei! Und man habe sich das sicher auch gar nicht wirklich richtig gewünscht, weil – siehe Law of Attraction.
Und in dem Moment könnte man kotzen und sich alle Esoteriker zur Hölle wünschen. Und zweifelt trotzdem an sich – wenn ich den Job noch viel mehr gewünscht hätte, wenn ich mir die Heilung von der Krankheit noch besser visualisiert hätte... wir krank bin ich denn im Kopf, dass ich offenbar unbewusst leiden WILL?
Ich glaube, diese Einstellung kann einen völlig in den Wahnsinn treiben.
Ich halte es für naiv und gefährlich, anzunehmen, wenn man immer alles ganz dolle rosarot sieht und sich mächtig arg wünscht, dann regnet es bis zum Ende des Lebens nur noch Bonbons. Ich glaube auch nicht, dass irgendwelche fiesen Götter einem andauernd Stolpersteine in den Weg legen, um zu prüfen, ob wir heil darüber weg kommen und ihnen dabei auch noch danken. Ich glaube, dass jenes Leid, das nicht Menschen sich gegenseitig antun, weil sie nun mal Menschen sind, in der Natur der Dinge liegt. Es gibt nun einmal Krankheit, Tod und Trauer. Es gibt nun mal in einer normal unausgeglichenen Seele Momente, wo die einzige Option übrigbleibt, sich voller Selbstmitleid heulend ins Bett zu legen. Ich glaube, dass es mehr Schaden als Nutzen bringt, zu den ganzen kleinen und großen Macken, die man eh hat, sich auch noch die Last eines schlechtes Gewissens für „falsches Denken“ aufzubürden.
Mir würde, ehrlich gesagt, ohne meine Abgründe auch etwas fehlen.
Die Wahrheit liegt wahrscheinlich zwischen den Extremen. Negative Emotionen, Sorgen und Ängste nicht wegdrücken, sondern zulassen, bequatschen, analysieren, daran arbeiten – und dann, wenn man es nicht ändern kann, was einen bedrückt, seufzend beiseite schieben und sich schöneren Themen zuwenden, statt den Rest des Lebens im eigenen Seelenmüll, der Schlechtigkeit der Welt oder was immer zu wühlen.
Ich glaube, statt sich einzureden, dass man alles mit dem richtigen Denken herbeizaubern kann, sollte man eher versuchen, aufmerksam und bewusst in allem die edlen, die schönen und erhabenen Momente zu sehen. Nicht nur wirklich bewusst das Gute zu sehen und wahrzunehmen (und auch zuzufassen und mitzunehmen!), sondern auch den dunklen Momenten ihre Erhabenheit, Würde und, manchmal, auch Schönheit zugestehen, wenn es möglich ist. Wir konstruieren uns unsere Welt – aber man kann trotzdem nicht durch eine massive Wand laufen (zumindest kann ICH es nicht!). Ich kann aber beeinflussen, ob die Wand ein Schutzwall ist oder ein Gefängnis, eine unüberwindliche Hürde oder eine sportliche Aufgabe.
Dann klappt es vielleicht immer noch nicht mit dem beim Universum bestellten Lottogewinn, aber man kann wenigstens versuchen, die schönen Momente mehr zu genießen und an den weniger schönen nicht zu verzweifeln. Und vielleicht fügt sich dann doch plötzlich wieder alles, und man fühlt sich bewahrt und geborgen im Fluss des Lebens. Und verzeiht sich auch, wenn man, gerade stolz wie Oskar auf seine richtige Denke, doch wieder strampelnd und zappelnd untergeht.
6 Kommentare:
Ich gebe dir da vollkommen Recht. So ein bisschen denk ich zwar auch: Gleiches zieht Gleiches an bzw. die Energie folgt der Aufmerksamkeit - aber das ist meiner Erfahrung nach immer nur bis zu einem gewissen Grad der Fall.
Von daher sehe ich es eigentlich genau so wie du: Wichtiger, als dem eigenen Denken zu viel Kraft zuzusprechen ist es, aufmerksam zu sein.
Oh, Bodecea, da hast Du was angeschnitten über das ich auch soo oft grüble. Ich finde Deine Sicht sehr erhellend und bereichernd. Dass mit den dunklen Momenten und ihrer Berechtigung und "Erhabenheit" finde ich spitze. Gerade in Bezug auf eigene Probleme, habe ich so manches Mal gedacht, dass ich das Schöne und Tolle doch gar nicht genießen und wertschätzen könnte, wenn es im Kontrast dazu nicht auch Abgründe gäbe. Klasse Beitrag, wirklich! :-)
Liebe Grüße
nomadin
Das ist wirklich unglaublich gut beschrieben. Der Text sollte als Essay noch mal aus dem blog-Kontext heraus wo erscheinen.
Ich würde ihn gerne solchen *hüstel* Eso-Quatschköppen bei Gelegeneit geben / zeigen.
Weil meine eigenen Worte bei derartigem Gerede ganz flott etwas unsachlich-cholerisch werden. *gg*
LG BärenSchwester
Huhu ihr Lieben,
Danke für eure Kommentare!
@Bärin - du kannst den Text gerne überall, wo es dir genehm, verwenden, wenn du einen Link hierher setzt *g*.
Alles Liebe
Bodecea
hmmmmm....
wünsche werden nur selten erfüllt, wenn man nichts dafür tut. gleiches zieht gleiches an - wegen mir. aber wenn ich das mal mit banalen magneten vergleiche - auch der stärkste wunsch kann, wie ein magnet ein stück eisen, auch nur erreichen, was in seiner reichweite ist.
will ich mehr, muss ich den magneten bewegen.
wIRRlICHt
Ach ja, die Diskussion geht hier weiter:
http://distel.twoday.net/stories/4504828/
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