Ja, ich weiß, es gibt wirklich tolle Ärzte. Ich gehe ja - dank robuster Gesundheit und einem großen Misstrauen gegen diese Zunft – nur dann zu einem, wenn es sich nicht vermeiden lässt, und hatte jahrelang einen guten Hausarzt, der allerdings durch Alter und Entfernung langsam nicht mehr erreichbar ist. Der hatte zwar eine schrecklich altväterliche Art, man fühlte sich automatisch wie ein kleines Schulmädchen in seiner Gegenwart, konnte aber sehr gut diagnostizieren und, was mir wichtig war, Medikamente sinnvoll einsetzen – Antibiotika nur dann (aber dann auch wirklich!), wenn es dringend Not tat; allerlei merkwürdige und kleineren Beschwerden, mit denen ich und mein Freund ab und zu eintrudelten (Fingerkribbeln, geschwollenen Lymphknoten, Rückenschmerzen, Hautprobleme) wurden erfolgreich mit Magnesium, Ananasenzymen, Teebaumöl und Gymnastik bekämpft.
Leider sind nicht alle Ärzte so.
Gestern habe ich aus dem Apothekenschrank meiner 74jährigen Mutter ein paar medizinische Wahnsinnstaten der letzten Jahre entfernt. Irgendein bekloppter Hausarzt und irgendein Internist oder HNO-Arzt (weiß ich nicht mehr genau) haben ihr folgende Sachen verschrieben:
Als meine Mutter mal Einschlafprobleme hatte, weil sie sich nach dem Tod meines Vaters alleine im Haus etwas fürchtete, verschrieb ihr ein Arzt zum Einschlafen trizyklische Antidepressiva, mit dem Effekt, dass sie tagelang betäubt herumtorkelte (was bei einem insulinabhängigen Diabetiker echt toll ist). Ich verschrieb ihr einen Untermieter und Hörbücher. Seitdem schläft sie prima.
Als meine Mutter ein bisschen Tinnitusprobleme hatte, verschrieb ihr ein Arzt ein Mittel gegen Epilepsie. Davon war sie drei Tage so weggetreten, dass nur eine zufällig vorbeikommende Nachbarin einen Arzt rufen konnte und sie wieder zu Sinnen brachte. Das Ohrensausen ging von Ginkgo weg.
Weil meine Mutter langsam schusseliger wird, hat sie dies bei ihrem Arzt beklagt. Der gab ihr „mal zum Ausprobieren“ ein Mittel gegen Alzheimer mit. Sie nahm es, ihr wurde sterbensübel und schwindelig und sie übergab sich die ganze Nacht (was ja bei einem Diabetiker immer super ist von wegen Zuckerspiegel, wenn das Essen nicht drin bleibt...). Was fand ich über dieses Medikament heraus? Erst einmal ist dieses häufige Erbrechen zumindest in der Anfangsphase NORMAL – also ist das Medikament für einen Diabetiker nicht geeignet. Und dann darf es nur in Kliniken oder von Fachärzten angewendet werden, die neurologische oder psychiatrische Zusatzqualifikationen haben! Sprich, der Feld-, Wald- und Wiesendoktor hätte es ihr niemals, geschweige denn unbeaufsichtigt, geben dürfen!
Ganz davon abgesehen, dass bei meiner Mutter noch gar keine Diagnose vorliegt, ob es überhaupt mehr ist als einfache Altersschusseligkeit und solche Medikamente sinnvoll und nötig.
Und das sind nur die Hämmer, Dinge wie ein blutdrucksenkendes Mittel (bei völlig normalem Blutdruck von 130 zu 80) und anderer Quatsch mal gar nicht mitgezählt.
Und jetzt suche ich meiner Mutter einen neuen Hausarzt! Und da wir hier wohnen, schaue ich mir jedes neue Medikament, dass ihr ein Arzt geben will, erst mal genau an.
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