31 Oktober 2006

Aura sehen...

Ich finde es ja normalerweise unproduktiv bis überflüssig, sich über seine Wehwehchen im Internet zu ergehen. Da ich aber nicht Husten, Schnupfen oder Halsweh, sondern eine "interessante Krankheit" vorweisen kann, möchte ich davon berichten.

Ich sehe Auren. Und damit meine ich nicht, dass ich hin und wieder ein bisschen was an "Energiefeld" um Menschen herum erkennen kann, sondern, dass ich seit ein paar Jahren ca. zwei Mal im Jahr für eine halbe Stunde Migränehalluzinationen vom Feinsten bekomme.

Dabei habe ich noch nicht einmal Migräne.

Als es das erste Mal passierte, war ich zu Hause. Plötzlich merkte ich, dass ich Probleme beim Sehen hatte. Da ich keine guten Augen habe und ich manchmal bei Kreislaufproblemen schlechter sehe, dachte ich mir dabei nicht viel. Dann aber fingen schillernde, pulsierende Zacken an, sich über meine Sicht zu schieben. In dem Moment bekam ich schon etwas Angst - was war das? Werde ich jetzt verrückt? Habe ich mich vergiftet? Die Muster hatten eine zackenförmige Front wie aus Lichtblitzen, ein bisschen so wie die hellen Punkte, die man sieht, wenn man sich zu heftig die Augen reibt. Alles außen herum war verschwommen und wirkte fremd und verzerrt.

Nach einer halben Stunde voller Bangen ließen die Muster nach. Mir war etwas schwindlig, und ich hatte leichte Kopfschmerzen. Mühsam, da kaum klar sehend, googelte ich so lange im Netz, bis mir zumindest klar war, was das war - eine Migräne-Aura. Das ist gar nicht mal so selten - die bekannteste Patientin mit dieser Störung war Hildegard von Bingen (siehe Bild). Wenn die Sehstörungen so wie bei mir und Hilde eine zackenförmige Linie bilden, spricht man von Fortifikation, da der Verlauf einer alten Festung, also einem Fort, ähnelt.

Die meisten - oder zumindest viele - Menschen mit solchen Halluzinationen haben außerdem Migräne, die meist kurz nach einem solchen "Anfall" einsetzt. Es gibt aber auch Fälle, wo nach dem kurzen Anfall keinerlei Beschwerden auftauchen oder aber nur leichte Kopfschmerzen und Verwirrung und ein vorübergehendes Unwohlsein - so wie bei mir. Zum Glück!

Gefährlich ist das Auftreten dieser Störung nicht, auch wenn manche mutmaßen, dass es bei sehr jungen Patienten ein Hinweis auf ein erhöhtes Schlaganfallrisiko sein kann, wenn weitere Indikatoren wie Rauchen, hoher Blutdruck und schlechte Cholesterinwerte dazu kommen. Da das alles bei mir nicht zutrifft, mache ich mir wenig Sorgen. Bisher sind diese Anfälle immer nur aufgetreten, wenn ich zu Hause oder gerade spazieren war - auf der Autobahn oder im Vorstellungsgespräch würde ich es ungern bekommen. So aber kann ich - natürlich wegen der eingeschränkten Sicht vorsichtig - weitergehen, einen kleinen Bummel auf Drogenoptik erledigen oder aber einfach abwarten.

Ich finde diese Erfahrung interessant, auch wenn ich - wie nach dem "Anfall" gestern - manchmal hartnäckige leichte Kopfschmerzen wie bei einer Erkältung habe und hoffe, dass das nicht immer häufiger passiert. Typische Trigger wie bei normaler Migräne (die ja oft Auslöser hat wie bestimmte Nahrungsmittel, Hormonphasen usw.) konnte ich noch nicht ausmachen.

Organisch betrachtet scheint der Auslöser von so etwas eine Art elektrische Störung zu sein, die einmal durch das Hirn bzw. bestimmte Areale pflügt und dabei die Sehstörungen und andere Störungen verursacht. Manche Menschen haben auch Lähmungen dabei oder können kaum sprechen (ich habe damit nur geringe Probleme) oder halluzinieren Dinge wie Insekten, die über ihre Haut krabbeln.

Medikamente gegen die Aura gibt es nicht, abgesehen davon, dass man sich gegen Kopfweh danach eine Aspirin einwerfen kann.
[Nachtrag - probiert mal das homöopathische Mittel "Ignatia".]

Hier habe ich versucht, mal mit einem Bildbearbeitungsprogramm anzudeuten, wie eine Migräne-Aura im Vergleich zu einer normalen Optik bei mir ungefähr aussieht:


8 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Liebe Bodecea,
das Bild von Deiner Migräneaura fand ich interessant. Normalerweise ist es mit dem Auraphänomen ja so ähnlich wie mit dem Schmerz selbst: Man kann ihn nicht objektivieren und schwer vergleichen. Bei mir siehts so ähnlich aus, nur das die Zackenkränze eher dunkel, fast schwarz sind und mein Gesichtsfeld insgesamt sehr eingeengt, was unangenehm ist, weil ich mich dann ständig hin und her drehen muss, um alles zu sehen. Naja, schön ist das wirklich nicht, aber wenn man weiß, was es ist, dann ist es aushaltbar...
Liebe Grüße, Moen

Anonym hat gesagt…

Eine Seheriiiiiin unter uuuuuns! :-)
Besonders spannend daran finde ich ja den Einfluß dieses Phänomens auf manche Künstler und Kreative - bin mal Deinen links gefolgt.
LG BärenSchwester

Anonym hat gesagt…

Geschätzte Bodecea,
das ist hochinteressant.
Mir geht es genauso.
Ich habe aber nicht die geringste körperliche Unwohlsein-Empfindung dabei. Nicht davor, nicht während, nicht danach. Kein Kopfweh, nix von alledem, nicht einmal eine Sehfeldverengung.
Aber wenn es beginnt, ist es wie ein Blatt Papier, das von unterhalb angezündet wird. Ein ganz kleiner Licht-Sägezahn, nicht grösser wie ein Buchstabe auf dieser Website. Dann braucht es 15 Minuten, bis der Radius so gross wie eine Getränkedose wird.
Nach weiteren 10 Minuten ist diese Sägezahn-Sichel schon so gross, dass sie mein Gesichtsfeld nach 'hinten' verlässt.
Um eventuell nach 15 Monaten wieder ihre Show abzuziehen...
Bin ich auserwählt :-?
Und wenn, wofür?

Frank

Bodecea hat gesagt…

Hallo Frabnk,

ich habe auch schon von einigen Leuten gehört, die gar keine Kopfschmerzen dabei haben - ich hatte das auch nicht immer.

Auserwählt? Ja, wir sind die heiligen Zackenseher *g*

Bodecea

Klaus hat gesagt…

Hast du schon das Ignatia probiert? Hilft es gegen die AURA, oder nur gegen die Kopfschmerzen?
danke,

Bodecea hat gesagt…

Hallo Klaus,

Ignatia D30 steht grade vor mir *g*.

Ich habe es, als die Anfälle immer häufiger wurden (mehrmals im Monat) täglich eine Dosis prophylaktisch genommen. Daraufhin kamen sie ein Jahr lang gar nicht, jetzt selten (3-4 mal im Jahr) und schwächer als früher.

Ich nehme Ignatia immer, wenn ich das Gefühl habe, es könnte losgehen, oder wenn es losgeht; ich habe das Gefühl, die Anfälle sind dann kürzer und schwächer und ohne Kopfschmerzen (die ich aber eh kaum habe).

Bodecea

Klaus hat gesagt…

Woher beziehst du Ignatia D30 ? Apotheke? Gibts hier Nebenwirkungen oder kann man das Problemlos nehmen?
Danke,

Bodecea hat gesagt…

Hallo Klaus,

ich habe das aus der Apotheke. Es ist ein homöopathisches Mittel, sprich, die Ursprungssubstanz wurde nahezu unendlich verdünnt.

Zu möglichen Nebenwirkungen ("Erstverschlimmerung") siehe z. B. hier:
http://de.wikipedia.org/wiki/Hom%C3%B6opathie

Bodecea