Wonnemonat Mai. Nachdem dieses Jahr die Natur Wochen zu spät den Frühling startete, ist nun alles wieder eingeholt. Die Obstbäume blühen, Löwenzahn überall, die Bäume schlagen aus, es wuselt und kribbelt vor lauter Energie und Insekten, wenn man durch die Natur streift. Die letzten Tage waren sommerlich warm und windig, die Berge bläulich verschleiert von Dunst und Blütenstaub und doch – irgendetwas ist auch ein bisschen unheimlich.
„Auch um Beltane sind die Tore offen“ meinte, ich glaube es war Amber, kürzlich. Und das geht mir auch so, dieses Jahr merke ich es sehr deutlich. Ich tappe ein bisschen neben der Spur. Im Mai heiraten bringt Unglück, hörte ich mal.
Auch die alten Römer konnten dem Mai gar nicht so viel abgewinnen, wie vielleicht denkbar ist. Zwar war dies auch der Monat der Bona Dea und der Göttin Maia, der man am 1. Mai eine trächtige Sau opferte, und der Monat der sexuellen Blüte und der Göttin Flora. Doch auch die lemures, hungrige, bösartige Totengeister, treiben vor allem um den 9. bis 13. Mai (oder um Vollmond im Mai herum) zu Lemuria ihr Unwesen. Der ganze Mai galt als Zeit, in der wie im November die Toten herumstromern, um die Römer glaubten, man müsse dem mit massiven Reinigungsriten entgegentreten. Auch das Fest der Göttin Mania ist in diesem Zeitraum, am 11. Mai; ihr Name heißt „die Gute“ - und sie ist eine Göttin des Todes (aus: Frances Bernstein, Frauenweisheit der Antike).
Versteht mich nicht falsch - ich finde es toll, dass endlich alles wieder grün ist und blüht. Ich bin eh der Typ, der ohne jede Scheu ständig irgendwo hin zeigt und schreit „Schau! Blumen! Toll! Da! Die gelben! Herrlich!“ Klasse, dass man wieder viel draußen sein kann, herumsitzen, Eis essen und viel wandern. Oder sich mit seinem Schatz eine verschwiegene Wiese suchen ...*g*.
Doch in der wirbelnden Energie um einen rum, finde ich, wirbelt es auch in einem ziemlich herum. Vieles hat eine sichtbare Aura, wenn ich herumlaufe. Es fällt mir schwer, mich geistig aufzuraffen. Ich neige dazu, sogar beim wandern völlig ohne bewusste Wahrnehmung des Weges draufloszulaufen und dann überraschend schnell oder viel zu spät irgendwann an meinem Ziel einzutrudeln, ohne genau zu wissen, wieso ich schneller oder langsamer war. Ich laufe und laufe, und es strengt nicht an, stundenlang, erst zu Hause spüre ich, wie müde die Füße sind. Man hat plötzlich Spinnen, Käfer und anderes Getier im Haar und merkt es nicht einmal.
Die Geister, die jetzt umgehen, sind in meinen Augen nicht die ätherischen Nebelfetzengespenster, die man um Samhain spürt, oder die schwarzen Hunde und klappernden Ritter der Raunächte. Es sind grüne Geister, sirenenhafte Stimmen, süßer, dennoch etwas ekliger Geruch nach Flieder und Tod, der aus dem Wald strömt. Es sind käferhafte Wesen, nicht aus dieser Welt und doch sehr lebendig. Die Lust auf Alkohol und andere Genussmittel, davor monatelang fast vergessen, ist plötzlich sehr stark. Der Hunger dagegen nimmt ab.
Eine merkwürdige Zeit, wert, sich auf sie einzulassen, wenn man eh die Muße hat.
Dennoch - nehmt euch in Acht vor Lemuria! Seht euch vor vor Mania! Es gehen seltsame Wesen um im Mai.
Und ich genehmige mir erst mal ein Glas Maibowle. Prost!
Bodecea
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