Neulich bekam ich folgenden Brief von einem ehemaligen Mitheiden, der, lange Zeit abgetaucht, nun offenbar gläubiger und eifrig bei www.jesus.de postender Christ geworden war und mir seine Bekehrung schilderte.
Bekehrt und wiedergeboren
Früher war ich ein böser Heide gewesen... oder ein Atheist? Auf jeden Fall ein Ungläubiger, obwohl ich dem Christentum im Allgemeinen und der Botschaft, die ich im Neuen Testament lesen konnte, im Speziellen einige Sympathien entgegenbrachte. Aber der Weg schien mir zu vage, zu unpersönlich, zu unreflektiert zu sein; ich konnte darin das Göttliche für mich nicht finden. Ich dachte in meiner Verstocktheit, ich müsste selbst denken mit dem Hirn, das mir das Göttliche, das ich Göttin nenne, gegeben hat. Ich dachte, ich müsste nicht irgendwelche Regeln befolgen, die irgendwer vor 2000 Jahren oder früher niedergeschrieben hat, sondern bei jeder Handlung selbst Verantwortung übernehmen, die mir keine Instanz abnehmen könnte. So fehlgeleitet war ich!
Meine Vorurteile suchte ich jeden Tag neu zu hinterfragen, auch wenn mir das jeden Tag aufs neues meine scheinbar unerschütterlichen Meinungen durchrüttelte. Aber ich bemühte mich dennoch, jeden Menschen nur als Menschen zu sehen und nicht von Hautfarbe, Religionszugehörigkeit oder anderen Äußerlichaktien auf seinen Charakter zu schließen.
Dann aber, Halleluja, wurde ich bekehrt und weidergeboren, und ich muss sagen, das Leben ist vielen Punkten viel einfacher geworden.
Meine religiöse Gemeinschaft – übrigens die einzige, die WAHRE Christen beherbergt – die wiedergeborenen bibeltreuen Wiedertäufer, haben mir klipp und klar gesagt, was ich darf und was nicht, was gut ist und was böse, was schwarz ist und was weiß. Schluss mit dem ewigen Umhertappen in Tausenden Grauabstufungen, wo meine eigene Seele vielleicht auch nicht strahlender ist als die vieler anderer. Und wo das nicht schlimm ist. Nein! Auch wenn ich weiß, dass ich vor Gott ein Wurm bin, ein Stück Dreck, ein niederes, stinkendes, erbärmliches Sünderlein – immerhin gehöre ich wie die anderen, na ja, zumindest viele der anderen wahren wiedergeborenen bibeltreuen Wiedertäufer zu denen, die Gott wirklich liebt, weil nur sie das machen, was er will.
Nun brauchte ich mir keinen Kopf mehr darüber machen, ob ich meine Handlungen vor mir selbst rechtfertigen konnte oder nicht; auch die nagende Scham, als weißer Mittelstandswestler wie die Made im Speck zu leben, während anderswo Menschen erbärmlich verhungern, konnte ich ablegen. Waren diese Verhungernden denn wahre Wiedergeborene? Nein, also selbst schuld. Dennoch spendete ich in meiner unendlichen Barmherzigkeit Geld, damit diese Verhungernden Bibeln bekämen und bekehrt würden. Dies kam mir zwar anfangs grausam vor, aber schnell wurde mir klar, dass Menschen nun mal alle Sünder sind und nur Menschen wie ich errettet würden. Ich bin nix wert. Du noch weniger. Amen.
Auch die gelinde Angst, die ich früher aufgrund meiner unreflektierten dummen Vorurteile hatte, wenn ich mich in einer engen Gasse an einer Horde türkischer Teenager vorbeidrücken musste, bekam nun Sinn. Schließlich waren diese als Anhänger der falschen Götze Islam teuflische Sünder! Und niemand konnte mich mehr Ausländerhasser schimpfen. Gott ist bei dem Widerwillen gegen Fremdes immerhin auf meiner Seite.
Ein bisschen schwierig war es natürlich für mich, mich an manche der neuen Gebote zu halten. Wie gesagt, viel verlangte mir das Christentum nicht ab außer unreflektiert glauben. Na ja, und Sex. Oder besser, kein Sex. Als verblendeter Heide dachte ich früher, Sex sei eine der nettesten Nebensachen der Welt und immer in Ordnung, wenn erwachsene Menschen es freiwillig miteinander teilen, Schluss. Aber hier, so erkannte ich bald, versteckte sich der wahre Abgrund der Sünde. Zugegeben, Jesus hatte in seiner Botschaft leider den Mangel, auf diese ganzen Dinge wie Gier, Arroganz und Hass so viel Wert zu legen, statt auf die wirklich wichtige Frage im religiösen Leben – wer mit wem wann ins Bett geht. Aber nach einer Weile fand ich es für mich auch in Ordnung, mit den neuen sexuellen Geboten zu leben. Immerhin war ich schon mal, Gott sei’s gedankt, hetero, heiraten war auch nicht weiter schwer und durfte ich ja großteils machen, was ich wollte. Sogar die Olle mal härter rannehmen, das hatte mir meine Gemeinde nicht verboten – und muss nicht die Frau dem Manne Untertan sein?
Aber meine Anteile, die mich als Mann ein bisschen verträumt nackte junge Männer betrachten ließen – nun, statt mich mit denen auseinander zu setzen, konnte ich sie nun wunderbar auf all diese verachtenswerten Tucken und Tunten projizieren, die auch noch das Recht auf ihr Sosein forderten. Widerlich! Pfui!
Auch hier ist ja Jesus mal wieder milde zu rügen, dass er nicht gegen diese allerschlimmste aller allerschlimmen Sünden ein Machtwort gesprochen hat.
So kann ich nun als neuer, befreiter Mensch durch die Welt gehen. Ok, abgesehen von diesen verführerischen, äh, sündigen Homosexuellen, die mir seit meiner Belehrung unendlich viel mehr Kopfzerbrechen bereiten, macht mir Magie neuerdings Angst. Tat ich als sündiger Heide Kartenlegen, Pendeln und Gläserrücken noch im besten Fall als spirituelle Erkundung des eigenen Unbewussten und im Schlimmsten als Teenagerpartyspiel ab, so wurde mir nun klar, dass der Teufel sich weder im Detail noch in Krieg, Mord und Totschlag, sondern in eben diesen Dingen verbirgt. Und auch, wenn ich große Teile meiner CD-Sammlung, meiner Bücher und meines freien Denkens auf einen Scheiterhaufen im Garten verbrannte, so zucke ich dennoch bei jedem geometrischen Symbol zusammen, ob es nicht etwas wieder ein Mandala oder gar ein heidnisches Irgendwas sein könnte. Ich bin der Meinung, man muss all das verbieten. Gibt es denn etwa etwas, dass der Menschheit schon mehr geschadet hat als das Tageshoroskop in der Bildzeitung? Ja? Äh, nein?
Jetzt habe ich wieder viel zu viel nachgedacht. Das ist nicht gut, denn sprach nicht schon Jesus – selig sind die Geistig Armen?
Gottes Segen auch dir, Unwürdiger
Hinz Kunz
8 Kommentare:
He - das ist ja wohl ein schlechter Witz, daß Ding!
Die Wiedertäufer gabs mal so um 1530 in Münster, die sind dann aber erfolgreich von den Vorfahren der Schützenbruderschaften aus meinem Kaff hier erle(di)gt worden. (wie auch immer die das geschafft haben)
Das Meiste, was in dem Text steht, ist eine Auflistung von Vorurteilen und pervertierten christlichen Grundsätzen. Laß Dich nicht ins Bockshorn jagen - man kann ja zu christlichen Religionen stehen wie man will - nur das hat nix damit zu tun. Strick den Text mal auf andere Religionen incl. Pandea und Judentum um - viel Spaß! ;)
*Winke*Die BärenSchwester
Der Brief ist absolut ironisch gemeint.Ein Fake.
Obwohl es solche Fanatiker tatsächlich gibt.
"Zufällig" hab ich mich heute früh mal mit Jesus beschäftigt.
Ich las folgendes:
Maria schloss sich Jesus als Jüngerin an, nachdem der sie von Besessenheit befreit hatte (Lukasevangelium 8, 2) - der Jüngerkreis war größer als die bekannten zwölf Männer und umfasste auch Frauen, unter denen Maria offenbar eine besondere Stellung hatte. Maria sorgte - wie andere Frauen auch - insbesondere für Jesu Lebensunterhalt (Lukasevangelium 8, 3).
Soll das etwa heißen,dass Jesus u.a. auch ein "Zuhälter" war?
Nix gegen Jesus,ich mag den Typen,aber ich finds amüsant ;-)
Gott zum Gruße,
Amber
Das ist ja wohl ein Fake hoch 2!
Karmi
*G* - man möge mir meine dichterische Freiheit verzeihen... natürlich ist das nicht echt. Aber Alda, isch schwör - jeden der Punkte habe ich bisher schon durchaus ernstgemeint im erwähnten Forum entdeckt.
Die böse Bodecea
Nachtrag - und mir ist durchaus bewusst, dass 99,98% aller Christen ganz normale, nette und logisch denkende Menschen sind. So wie, äh... wir Heiden...*grübel*...*lol*
Hehe, moin moin Du pöööse Bodecea! ;)
Also Jesus.de würd ich mal ganz schwer als echt schon nicht mehr christlich ansehen. Bin da mal auf der Suche nach Ideen zu einer Evangeliumsstelle drüber gegoogelt. Schock. Hatte den Eindruck, daß sich da niemand mit halbwegs fundiertem theologischen Sachverstand herumtreibt. Völlig idiotisch. Die sind echt drüber. Wer steckt dahinter?
Jesus mit Sicherheit nicht ;)
liiepe Grüße von der BärenSchwester
Ich würde mal sagen, diese Wiedertäufer und dieser Dussel haben sich verdient. Dieser unwürdige Wurm vor Gottes Augen. :-) Warum fällt mir an dieser Stelle ein Zitat aus dem Buch "12" von Tim O´Donnell ein? "In der Kirche knien, ist wie Gott einen blasen." *tschuldigung aber geisterte gerade durch mein reges Hirn*
Grüßlies
KA-RIT
@BärenSchwester - bei j.de frag ich mich nun schon einige Jahre - ist das nun das größte Fake der Welt oder...? Und was das Christentum dort angeht - tut mir Leid, sogar gläubige Christen dort haben schon mal durchblicken lassen, dass so mancher Heide mehr christliches Gedannkengut vertritt als viele "Superchristen" dort. Gegen Nächstenliebe und "he, seid doch einfach nett zueinander" habe ich nichts.
Bodecea
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