21 August 2005

Was wäre wenn...

Was wäre gewesen wenn... wenn das Christentum sich nicht in Rom durchgesetzt hätte, sondern der Isiskult? Oder der Mithraskult? Oder wenn die Römer nie die Donau überschritten hätten? Oder wenn das Christentum sich mehr mit dem Heidentum vermischt hätte? Oder weniger? Wenn der Islam im Mittelalter Mitteleuropa erobert hätte?

Wären wir dann mütterrechtliche Heiden, umweltbewusst und spirituell? Oder wären wir vormoderne Barbaren, die immer noch mit Holzpflügen dem Land kümmerliche Ernten abjagen und bei Missernten Leute im Moor versenken? Könnten wir lesen und schreiben? Und wenn ja, welche Sprache und Schrift? Hielten wir uns Sklaven? Welchen Wert hätten die Frauen? Würden ihnen die Kehlen durchgeschnitten, wenn sie fremdgingen?

Oder hätte sich vielleicht ein anderer, unvorstellbarer Kult etabliert? Ein grausamerer, als wir uns denken könnten? Oder ein besserer, als wir uns vorstellen können?

Ja, wer weiß?

Ich weiß nur, dass ich hier und heute in einer säkularisierten, christlich angehauchten Kultur lebe, deren religiöse Ausrichtung mich nicht stört. Was soll ich mich über Papstworte aufregen - da hören ja nicht mal 99,9 % der Katholiken drauf! Was soll ich mich groß über seltsame Evangelikale erregen, deren Sekten noch kleiner sind als die der Neuheiden und die sich ununterbrochen verfolgt vorkommen.

Die herrschende Religion, sehen wir es doch mal realistisch, ist der nackte Materialismus in Deutschland. Hier und da ein bisschen Bimmelbammel und Tralala als schmückendes Beiwerk zu Weihnachten oder zur Hochzeit, aber eine spirituelle Ausrichtung haben doch die wenigsten - ich möchte mich da für den Großteil meines Lebens nicht ausschließen. In der langsam dahinsiechenden Kirche einen Feind zu sehen, sehe ich als Projektion... Gefahren unserer Freiheit, unserer Umwelt, auch unseres Frauseins kommen aus Kommerz, den Ansprüchen eines unerbittlichen Marktes und dem gottgleich verehrten Konsum. Und gleich, ob nun eher das Christentum oder das Heidentum oder die humanistische Aufklärung unsere Begriffe von Mitmenschlichkeit und Nächstenliebe in der heutigen Form geschaffen hat - im Augenblick zerbrechen die Menschen an der Kälte einer Gesellschaft, die den Sinn des Menschen über Arbeitsleistung, Äußerlichkeiten und Konsumfähigkeit definiert und viele davon ausschließt. Und die, die daran teilhaben „dürfen“, schuften sich meist dumm und leer.

Amen ;-)

Sie lasen das Wort zum Sonntag, es sprach
Bodecea

(vorhin gepostet im Göttinnenforum)

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

*schmunzel* bei uns gibts ein sprichwort dass da lautet "wenn der hund net gschis... hätt" ;-)

aber dennoch find ichs gut, dass du diese gedanken aufwirfst, in die öffentlichkeit wirfst. vielen ist nämlich gar nicht wirklich bewusst, dass unsere gesellschaft auf den christlich-kirchlichen dogmen und strukturen aufbaut. so gibts bei den kirchen ja dieselben hierarchischen strukturen wie in unserer regierung... das gibt schon zu denken ;-)

in dem zusammenhang fällt mir ein, dass karl der große viel aufwand damit betrieben hat, dass alles mögliche genormt wird, dass gesetze erlassen und vor allem schriftlich festgehalten werden - er hat da ja nen regelrechten wahn gehabt.
und dieser große karl war ja nu auch ein überzeugter christ - vgl. bush. :(

ja, da muss ma nur noch eins und eins zusammenzählen... oder warum sonst wurde das christentum dann doch noch zur römischen staatsreligion erhoben? weil selbst die cäsaren irgendwann begriffen haben, welch machtpotential hierin steckt.. :(

Anonym hat gesagt…

öffz - das war das zauberweib. ich vergess hier immer meinen namen *seufz* :)

Bodecea hat gesagt…

Hm... wie gesagt, klar liegen zum einen die römischen, zum anderen die christlichen Strukturen Europas heutigem System zugrunde (und ich möchte nicht behaupten, dass ich mir unbedingt eine Welt sich bekriegender heidnischer Stämme zurückwünsche). Aber die heutige Weltreligion beruft sich nicht auf Jesus, Mohammed und Jahwe sondern Coca Cola, McDonalds und Mercedes... denk ich. Und das "funktioniert" auch in Gebieten mit ganz anderem geschichtlichen und religiösen Hintergrund.